Die Anstalt

Aktualisierter Eintrag (12.10.2016): Die Anstalt “Hesterberg” wird in den SN v. 12.10.2016 erwähnt (“Arzt soll Medikamente an Schleswiger Heimkindern getestet haben”):
Aktualisierter Eintrag während der Schneeschmelze Febr. 2010

Nach Irrungen und Wirrungen ist dem Admin jetzt klar, dass die Anstalten “Schleswig-Stadfeld” und “Hesterberg” getrennt zu betrachten sind. Zunächst kommt in diesem Eintrag “Schleswig-Stadtfeld” dran:

Schleswig-Stadtfeld

Am Anfang war es die “Irrenanstalt bei Schleswig” (1820), dann die “Provinzialirrenanstalt” (1876), dann die “Provinzial-Irren-, Heil- und Pflegeanstalt”, dann die “Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt” (ca. 1914), dann die “Landesheilanstalt” (ca. 1933), schließlich das “Landeskrankenhaus” (ca. 1945) und endlich die Fachklinik für… (1994, jetzt hör ich auf)

Auf dieser 1922 “gelaufenen” Ansichtskarte erkundigt sich “deine Sigrid”: “Hast Du schon Ski gelaufen?” und empfindet den Preis von 20 Pf. für die Ansichtskarte als “lächerlich”. Sei’s drum.

Ich denke doch, dass auf der Karte das Wohnhaus des Chefs neben dem Männer-Haupthaus zu sehen ist – oder?

Hier der Wasserturm – etwas näher dran… und rechts die Villa am Wasserturm – heute zweckentfremdet
Auf den beiden kleinen Fotos (li. u. re.) sieht man den Polierteich, dem der Fotograf der beiden großen Ansichten (o.) wahrscheinlich den Rücken zukehrt.

Rolf Jürgensen ist einer von den Schleswigern, der irgendwann in die Dienste der “Anstalt” eingetreten ist. Er war zuerst Frisör und wurde dann Pfleger in der Anstalt. Wie man sieht, ist er sogar “Pflegevorsteher” geworden.
Er hat wohl in den Fünfzigern bei uns zu Hause noch die Haare geschnitten, um ein paar Mark nebenbei zu verdienen. Dabei hat er meinen Vater immer wieder
ermutigt, doch seinen Job als Maler aufzugeben und auch als Pfleger anzufangen. So geschah es dann auch.

Mein Opa war Futtermeister in der Anstalt. Meine Oma hat dort zeitweise gearbeitet. Meine Mutter hat sich mal kurze Zeit in der Wäscherei versucht. Mein Vorturner Herwig Petersen fing in der Anstaltsverwaltung an.

Um uns herum befanden sich damals die weit verstreuten Anstaltsgebäude. In den Straßen wandelten mehr oder weniger auffällig die Anstaltsinsassen, die frei herumlaufen durften.

Mein Vater raunte mir oft zu: “Kiek mol, de kricht Haloperidol!”, wenn der betreffende Mensch in bestimmter Weise mit herabhängenden Armen vor sich hin trottete.

Mein Opa “hielt” sich “Richard”, einen Mann aus der Anstalt, der unverdrossen und unermüdlich um das Haus in Sankt Jürgen herum Holz hackte und was weiß ich für “niedrige” Arbeiten verrichtete. Er wurde verpflegt und
kehrte jeden Abend in die Anstalt zurück.

Er war uns Kindern unheimlich, weil er nicht redete und uns nicht in seiner Nähe duldete. Einmal hat er das Beil in unsere Richtung geworfen, als wir ihn ärgern wollten.

Norbert hat meinen eingerosteten Erinnerungen auf die Sprünge geholfen und das Bild oben beigesteuert:

Nahmt, Gerd,
zu Rolf Jürgensen: Als Friseur und später als Ratsherr wird er wohl gut geschnackt haben können! Als er schon Pfleger war, hat er sich ein paar Mark nebenbei durch Haare schneiden verdient. Das Bild stammt aus einem Stadtplan, der von der SPD anläßlich der Kommunalwahl 1982 verteilt wurde. Rolf hat sich aber gegenüber den 50ern nicht viel verändert!
Seine Mutter hat irgendwo in der St. Jürgener Straße gewohnt in der Nähe von 3 Kronen. Sie ist in den 50ern zur Gallberghöhe gezogen.
Mehr kann ich dir dazu auch nicht sagen.
Grüße,
Norbert

und

Kannst du dich noch an Marie Jürgensen erinnern? Sie arbeitete im Capitol als Platzanweiserin. Sie hatte zwei Kinder Rolf und ?(Mädchen), älter, als wir. Rolf hatte Friseur gelernt, arbeitete dann als Pfleger und wie ich später mal hörte, war er als Stadtrat für die SPD im Rathaus. Dort bei Marie J. ging mein Großonkel immer hin und tüddelte im Haushalt rum.

Diese Ansichtskarte habe ich unter der Bezeichnung “Provinzialheilanstalt Schleswig, Stadtfeld” mit der Jahreszahl 1920 im Internet gefunden. Der Versender der Karte hat am Gebäude “Mein Zimmer” angekreuzt. So richtig einsortieren kann ich das Haus nicht…

Hier sieht man (bei Sönke), dass das Haus an der St.-Jürgener Straße liegt. Danke Torsten, danke Sönke – diese Frage ist geklärt!

Weitere Bilder aus der “Anstalt” findest du hier.

Hier noch ein Gruß von Elsa aus der Provinzial-Irrenanstalt…


Passend dazu das Foto des Frauen-Haupthauses:

Lagebezeichnung (Zitat): …Östlich des Hauptgebäudes und des Mühlenbaches…

Jetzt haben wir zwei Ansichtskarten mit dem “Ententeich”. Auf der großen Karte (oben) steht der Fotograf auf dem Weg, den man auf der anderen Ansichtskarte (li.) sieht und fotografiert zum Frauenhaus hoch – oder Norbert? Auf dieser Karte von 1963 ist der Teich und die “Insel” mit dem Entenhaus gut zu erkennen.

Jetzt kommt der “Hesterberg”:

Zitate aus “Die Geschichte einer psychiatrischen Klinik”, Jenner, 1995:

[Es ergab] sich die Möglichkeit für einen Neubau auf dem Hesterberg. Am 1.10.1900 ging es als “Provinzial Idiotenanstalt” für 130 Bewohner an die Provinz über … 1913 erhielt es den Namen “Provinzial Heil- und Pflegeanstalt für Geistesschwache” und 1926 “Landesheil- und Pflegeanstalt für Jugendliche Schleswig-Hesterberg” … 1934 kamen jugendliche Fürsorgezöglinge nach Hesterberg. Damit wurde es zum “Landesaufnahme- und Erziehungsheim”.

Diese Postkarten zeigen sehr schön die Häuser A – E, das Direktorenwohnhaus und die Wirtschaftsgebäude der Provinzial-Idioten-Anstalt Schleswig.

Links eine Ansicht von “Haus D” auf dem Hesterberg. Es wurde in Zusammenhang mit “Prof. Küntscher” im “Klassentreffen” schon mal erwähnt

Eigentlich könnte man sich mal alle Häuser vornehmen – Hilfe willkommen!

Haus D: Ist lokalisiert – s.o.

Haus A: Ist auch auf dem Hesterberg. Steht noch. Wolfgang hat ein Foto gemacht (links).


Die Blickrichtung (Von Osten oder von Westen?) ist mir bei dem Bild oben auch nicht ganz klar… Der Turm links erinnert an den Turm von Haus D. Allerdings passt das Haus darunter nicht dazu… Es wird aber die Anstalt auf dem Hesterberg sein.
Hier ist ein Buch:

Ein Junge aus Schleswig



8.602 Ansichten

28 Gedanken zu „Die Anstalt“

  1. Tagchen, Gerd!
    wurde dein Opa nicht auch Paster Seier genannt? Wenn er Futtermeister war, dann kannst du dich mit avec la chance auch an Bernhardt erinnern? Er arbeitete im Schweinestall und hatte einen verkrüppelten Arm oder Hand. Wir sagten zu ihm: “Bernhardt, danz mol!” Dann nahm er seine Forke, sang ein plattdeutsches Lied (ich glaube, es war “Lütt Matten, de Haas”) und tanzte mit der Forke im Kreis. Er soll auch mal mit der Forke geschmissen haben, als er zu doll geärgert wurde. Aber das habe ich nie erlebt.
    Gruß,
    Norbert

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  2. Oha Norbert! Das mit “Paster Seier” ist mir als Enkel verborgen geblieben. Vielleicht haben die Kumpels sich in meiner Anwesenheit nicht getraut, meinen Opa so zu nennen? Er war ja “Chef” einer ganzen Mannschaft von Anstaltsinsassen, die sozusagen im landwirtschaftlichen “Dauerdienst” eingesetzt wurden. In der Aussensaison ist er jeden Morgen noch in der Dunkelheit mit Pferd und Wagen und drei oder vier Melkern zur Kuhkoppel aufgebrochen. Die Koppel lag an der Straße in Richtung Triangel. Ich glaube er hat das viele Jahre jeden Tag ohne Unterbrechung gemacht. Ich kann mich nicht erinnern, dass er das Wort “Urlaub” gekannt hat.

    Nach dem “Morgenmelken” (es wurde auch noch nachmittags gemolken) legte er sich im Wohnzimmer zu einem Nickerchen hin. Dieser Schlaf durfte nicht gestört werden. Mich hatte einmal der Hafer gestochen. Da bin ich in die Stube geschlichen und habe seine Fußsohlen gekitzelt, während er schlief. Da ist er blitzartig hochgeschossen und fluchte auf das Schlimmste. Ich hatte große Schwierigkeiten und wurde auch von meiner Oma eine Zeitlang mit Vorwürfen bedacht.

    Es war mit eine Lehre, das nie wieder zu tun.

    An Bernhard als “Tänzer” kann ich mich nicht erinnern. Aber gab es nicht einen, der “Meggers” hieß?

    Bei Euch in der Nähe wohnte doch “De Inspekter”. Das war der Chef meines Opas. Ich war manches Mal dabei, wenn mein Opa ganz formell einen Holzkasten aufschloss, in dem sich ein Telefon befand. Er wählte dann eine Nummer und machte dem “Inspekter” stehend seine tägliche Meldung.

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  3. An Meggers und an den Inspekter kann ich mich nur dunkel erinnern. De Inspekter wohnte in dem Haus an der Ecke Mühlenredder – St. Jürgener Straße. Wenn ich mich recht erinnere, war er sehr unnahbar. In dem Haus wohnte u.a. auch noch die Familie Prühs oder Preuß?
    Die Tochter sitzt auf meinem Konfirmationsfoto (7. von links) neben Karin Knoop. Tja, und Meggers?? Den weiß ich im Moment nicht unterzubringen.Grübel…

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  4. Ich habe mein olles verkalktes Hirn gemartert betr.: Meggers! Es gab einen, der uns immer seine Armmuskeln zeigte und viel Kraft hatte! Wir durften uns immer an seine Arme hängen. Das könnte “Meggers” gewesen sein.
    Naja, da liefen ja noch mehr rum. Ich weiß noch von einem, der Nachhilfe gab. Der war überstudiert! Egal welche Schule und welcher Jahrgang, ob sprachlich oder naturwissenschaftlich. der konnte fast alles!

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  5. Ich beziehe mich auf die Ansichtskarte Provinzial-Idioten-Anstalt Schleswig mit den sieben kleinen Fotos. Das auf einem dieser Fotos dargestellte Haus D erinnert mich sehr stark, so daß ich glauben möchte, das es es ist, an ein Haus im Kreiskrankenhaus Hesterberg. Ich weiß nicht ob es nicht, bevor es Lazarett und Kreiskrankenhaus wurde, schon zur Heilanstalt gehört hat und daher auf diese Karte gekommen ist. Ich weiß noch, daß im Kreiskrankenhaus die Häuser auch mit Buchstaben bezeichnet wurden, ich weiß aber nicht mehr ob dies Haus das Haus Dora war, aber ich vermute es. Das Haus steht heute noch, hat aber seinen markanten Turm eingebüßt.
    Dass unser Admin das eine Gebäude nicht einordnen kann hat vielleicht damit zu tun, daß auch Häuser vom Hesterberg mit zu den Provinzial-Anstalten gehörten.

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  6. Ich glaube, wir hatten dieses Haus schon mal vor einiger Zeit im Klassentreffen – liegt ziemlich abseits oben Gallberghöhe/St.Jürgener Straße, wenn ich mich recht entsinne.

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  7. Korrekt, Gerd!
    Aber die beiden Karten sind schon recht alt!
    Das sah schon zu unserer Zeit nicht mehr so gepflegt aus.Es ging auch da schon keine Brücke mehr auf die Enteninsel.
    Auf der linken Karte sieht man vor dem Wasserturm auch noch das weiße Haus, in dem heute ein Puff (igittigit) ist.

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  8. Hallo,
    mein Name ist Wolfgang Petersen, war Anfang der 60iger Jahre in verschiedene Häusern der Anstallt Hesterberg, G2, H2, F1 und Haus A. Mein jüngerer Bruder war in Haus L.
    Wer kennt den Pleger Heinz Green und Dr. Höhnke?
    Gruß Wolfgang

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    • Folgende dankenden Worte von Ingo Harder habe ich bei Facebook gefunden:
      “Lieber Wolfgang Petersen.
      Es fällt mir nicht leicht, diese Zeilen zu schreiben. Ich musste erfahren, dass du im Hospiz liegst und es dir sehr schlecht geht. Ich möchte dir danken. Danken dafür, dass du dich so sehr öffentlich für die damaligen Kinder im Hesterberg -von denen du selbst eines warst- so sehr eingesetzt hast, dass diese armen Menschen rehabilitiert wurden. Du bist steinige Wege gelaufen, auch als dich diese tückische Krankheit ereilte. Du hast nie aufgegeben und dafür hast du meine absolute Bewunderung. Auch wurdest du Mitglied unserer Initiative Bürger machen mit. Obwohl du in Dortmund lebst, hast du zwei mal die Strapazen auf dich genommen, uns bei unserem Kinderfest zu unterstützen. Ich/wir haben einen sehr wertvollen Menschen kennen lernen dürfen und ich möchte dir sagen, dass du einen festen Platz in unserem Herzen hast. Unsere Gedanken werden dich auf deinen Weg begleiten.
      Alles Liebe wünschen dir Ingo, Inge und der Rest der “Initiative Bürger machen mit e.V.””
      (21.1.2017)

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  9. Hallo Ihr lieben,Klaus Rüddel ist mein Name und war von 1975 bis 1979 im Hesterberg,ich war zu erst in Haus C,dann Haus P,mit dem Rondel davor und war in Haus H und zum Schluss in Haus L.es war grauen voll und die hölle,kennt noch jemand den Pfleger Werner Krahl aus Haus P oder auch aus P Herr Wagner?Liebe Grüße von Klaus Rüddel Lübeck

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  10. Hallo Wolfgang Petersen die kommen mir irgendwie bekannt vor,ich hatte zu meiner Zeit dort eine Freundin Monika Pörschel hieß sie und war in Haus I,hat aber ab und zu im Haus G gearbeitet und hatte sie als Freundin,und aus Haus P hatte ich einen Freund der hieß Roman Mazurek,ich war auch damals in der Turnhalle der DJ und habe für Euch Musik gemacht in den 70 ern von 75 bis 79 war ich dort.Tut mir mit dir echt leid was du auch durmachen musstest aber wir durften ja nichts sagen mich habn sie in haus H für nichts einfach in die Zelle gesperrt bis nächsten Morgen es war die Hölle.Ach ich Rufe den WDR an weil Du und der WDR noch Zeitzeugen suchst.Schreibe doch Bitte mal hier.liebe Grüße von Klaus Rüddel aus Lübeck.Ps war zur derzeit 16 heute 2016 bin ich 57.

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  11. Hallo Gerd,habe noch hier irgenwoein Foto von Haus P endeckt die Baracke in Gelb,mit dem Rondel davor echt Grußelig an die zeit denken zu müssen.Gruß Klaus

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  12. ist ja schade das hier niemand mehr schreibt,ich habe mich leider im Datum geirrt die Nachrichten sind ja schon 6 bis 8 Jahre alt.hätte ja gerne noch mit irgend einem Zeitzeugen gerne mal Gesprochen.Gott sei dank ist diese Zeit Geschichte,was die Schweine uns angetan haben.Klaus R.

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  13. Hallo
    Sehr interessante Seite
    War Hesterberg die einzige Kinder- und Jugendpsychiatrie in Schleswig oder gab es mehrere? Das würde mich interessieren und wann es komplett zu gemacht hat, würde mich auch interessieren.
    Ich weiß bei mir nur, dass ich selber in ein Kinder- und Jugendpsychiatrie in Schleswig war mit dem Alter 10 Jahre. 1994-1995 in ZOG und suche den namen eines Psychiatrie in Schleswig. Als ich danach gegooglet habe, kamen nur Hesterberg und Helios!
    Ich würde mich über eine Antwort freuen

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  14. Es gab da früher noch das Landeskrankenhaus am Stadtfeld. Aber mir ist nicht bekannt, ob das jetzt die neue Helios Klinik in der St. Jürgener ist, und das LKH überhaupt noch existiert.

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