Ein Aquarell von H. Rathje aus dem Jahr 1948

Svenja Sophie Rathje am 15.10.2015: Sehr geehrter Herr Tams,

mein Vater ist durch Zufall auf das Aquarell von H. Rathje von 1948 gestoßen. Ich habe mir die Texte, die unter dem Bild stehen, durch gelesen und kann mit fast hundert prozentiger Sicherheit sagen, dass es sich nicht um den Maler Hans Rathje handelt, sondern um meinen Großvater Horst Rathje, der leider 2011 verstorben ist.

Ich bin mir deshalb so sicher, da meine Großmutter 1948 in der Nähe von Schleswig gewohnt hat, da sie dort vermessungstechnisch tätig war und somit mein Großvater in der Zeit auch immer wieder in Schleswig war. Mein Großvater hat Landschaften gezeichnet und ich kenne einige seiner Bilder. Das Bild passt in den Zeichenstil meines Großvaters und soweit es auf dem Bild auf Ihrer Internetseite zu sehen ist, handelt es sich auch um die “Unterschrift” meines Großvaters.

Ich würde meine Großmutter aber auch gerne nochmal zu dem Aquarell befragen um noch mehr darüber zu erfahren. Vielleicht erinnert sie sich noch an das Bild.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Jürgensen (2008):

Hallo Gerd,

heute komme ich mal wieder dazu, ein wenig Stoff zu liefern.

Im Anhang befindet sich ein Original-Aquarell, das ein wunderbares Panorama Schleswigs (von Friedrichsberg aus betrachtet) zeigt und bei mir natürlich einen Ehrenplatz an der Wand hat. Laut Kennzeichnung hat ein (oder eine) “H.Rathje .48” das Bild erstellt. Ich bin absoluter Laie, aber ich finde, dass das mit den vielen feinen Pinselstrichen (sieht man aus der Nähe natürlich ganz deutlich) eine tolle Arbeit ist. Nebenbei: Es war schon ziemlich angegilbt, als ich es bekam. Ob man das irgendwie konservieren kann?

Wie Du siehst, entspricht dieser Blick auf Schleswig ungefähr meinem Foto von neulich (Blick aus dem Wohnzimmer unserer früheren Wohnung Friedrichstraße 114). Das ist aber Zufall, denn dieses Aquarell stammt aus dem Nachlass einer Tante von mir, die 1942 einen Dänen geheiratet hat und in diesem Jahr, also mitten im Krieg, auch mit ihrem Mann dorthin “ausgewandert” ist, und zwar nur um die Ecke nach Sonderburg. Zwischen Schleswig und Sonderburg lagen in Kriegszeiten aber Welten. Man kam nicht hin und nicht her. Die Grenze war absolut dicht. Erst 1946/47 konnte meine Tante nach Jahren quälenden Heimwehs wieder zu ihrer Familie nach SL kommen, und zwar nur mit Visum und einer Busreise, die durch viele Stops und Kontrollen (Besatzung) mehr als einen halben Tag dauerte. Sowas kann man sich heute kaum noch vorstellen.

Jedenfalls muss meine Tante das Bild kurz nach seiner Entstehung (also etwa 1948) erworben oder geschenkt bekommen haben. Bei ihr in DK hing es natürlich auch an einem ausgesuchten Platz und ist mir von klein auf an vertraut. Ich halte es vor dem geschilderten Hintergrund heute besonders in Ehren.

Irgendwann habe ich meine Tante auch mal gefragt, woher sie das Bild hat und ob sie den Maler Rathje kennt. Ich habe aber nur vage in Erinnerung, dass sie im Zusammenhang mit dem Bild die Drogerie Münch in der Friedrichstraße erwähnte. Vielleicht wurde es dort gekauft. Ich weiß es nicht mehr. Wäre natürlich interessant, mehr darüber und vor allem über den Maler Rathje zu erfahren.

Gruß
Jürgen

Gegugelt (auf Anregung von Falk Ritter):

Aus “Klönschnack, Heft 03/04”

Atelier Mensch

Zeichner und Maler, die das klassische Handwerk beherrschen – es gibt sie noch!
Viele von ihnen arbeiten allerdings meist unbemerkt, schaffen Kunstwerke, die oft jahrzehntelang der Öffentlichkeit verborgen bleiben. Es sind oft Künstler, an denen das moderne Kunstgeschehen mit seinem Trachten nach Markt, Szene und spektakulären Neuerungen vorüberzog.
Dass Landschaftsmalerei nach wie vor ihren Reiz auf den Betrachter ausübt, zeigt das Atelier Mensch mit der Ausstellung des Rissener Zeichners und Malers Hans Rathje (84). Zu sehen sind Bilder aus dem Klövensteen und der Elbmarsch, Bilder, die überzeugen und gefangen nehmen.
13. Februar bis 5. März
Atelier Mensch, Fischmarkt 12

Dieses Bild wird in einer amerikanischen Auktion mit der Bezeichnung “VILLAGE LANDSCAPE” angeboten. Maler ist in dem Angebot Hans Helmut Rathje, geb. 1920. Das Bild ist wohl aus dem Jahr 1949.

Jürgen Jürgensen:

Hallo Gerd,

inzwischen habe ich mir mal die Mühe gemacht, bin der Sache auf den Grund gegangen und fündig geworden. Über die Gugel-Anregung von Dir und Falk Ritter habe ich herausgefunden, dass der im “Klönschnack” erwähnte Grafiker und Maler Hans Rathje aus Hamburg-Rissen auch das in meinem Besitz befindliche Bild 1948 gemalt hat. Daran gibt es jedenfalls kaum einen Zweifel.

Über die VHS HH-Othmarschen, wo Hans Rathje Malkurse gegeben hat, habe ich Kontakt zu Frau Rathje bekommen. Hans Rathje selbst ist im März diesen Jahres mit 87 leider verstorben. Frau Rathje zeigte sich sehr interessiert, freundlich und aufgeschlossen. Nachdem ich es ihr gemailt hatte, rief sich mich zurück und bestätigte mir, dass das Bild sicher von Ihrem Mann sei. Das liege auch auf der Hand. Frau Rathje war so nett, mir ein wenig von ihrem Mann zu erzählen.

Und zwar: Hans Rathje wurde 1920 in Schleswig geboren. Er stammte aus dem Lollfuß. Sein Vater war dort Arzt. Sein Elternhaus sei jenes mit der markanten Treppe, sagte mir seine Frau. Es zog ihn zusammen mit seiner Frau früher öfter mal zu seinem Elternhaus zurück. Ich dachte spontan an das Haus Ecke Stadtweg/Moltkestraße. Aber das kann es nicht sein. Wahrscheinlich liegt es näher an der Lollfuß-Treppe.

Hans Rathje wollte gern Kunstmaler werden, wurde auf Wunsch seiner Eltern hauptberuflich aber Grafiker. Die Malerei (Schwerpunkt Landschaften) blieb freilich immer seine Leidenschaft. Natürlich gibt es viele Bilder von ihm, die auch in zahlreichen Ausstellungen zu sehen waren. Seine Bilder konnte und kann man heute noch kaufen. Gewerbsmäßig hat er aber die Malerei nie wirklich betrieben.

Dafür, dass meine Tante aus Sonderburg an das nunmehr bei mir befindliche Bild gekommen ist, gibt es naheliegende Möglichkeiten. Hans Rathje stammte wie meine Tante nicht nur aus Schleswig, sondern hatte zufällig auch persöniche Kontakte nach Sonderburg, wie mir seine Frau verriet. Die Möglichkeit, in Sonderburg oder Schleswig ein Bild von ihm zu ergattern, war also ohne weiteres gegeben.

Frau Rathje zeigte sich übrigens auch erfreut und überrascht darüber, dass Bilder ihres Mannes sogar in Amerika gehandelt werden. Dies hat sie erstmalig durch die Veröffentlichung von Dir und Falk Ritter im Klassentreffen erfahren.

Das sind doch schöne Geschichten, Gerd, oder?

Bis demnächst, schöne Grüße
Jürgen


2.207 Ansichten

8 Gedanken zu „Ein Aquarell von H. Rathje aus dem Jahr 1948“

  1. Könnte es nicht sein, lieber Torsten, dass sich die Michaeliskirche hinter dem Dom “versteckt”? :D

    (Im übrigen gibt es ja auch noch die künstlerische Freiheit, bitteschön…)

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  2. Künstlerische Freiheit und seherische Fähigkeiten mögen sich ja nicht ausschliessen – Deine schöne Ansichtskarte hat eine andere Perspektive, da wäre die M-Kirche mit drauf, wenn s weiter nach rechts ginge.

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  3. Um Diskussionen zur Datierung gar nicht erst aufkommen zu lassen: Das angegebene Entstehungsjahr 1948 ist über jeden Zweifel erhaben. Ich kenne das Bild seit Anfang 50, und eine Nachfrage bei meinem Bruder (Jahrgang 39) hat ergeben, dass das Bild seit Ende 40 bei meiner Tante hing.

    Über Ansprüche und Motive des Malers hinsichtlich der Authentizität des Panoramas weiß ich natürlich nichts.

    Wenn man das vertiefen will, kann man natürlich auch fragen: Wo ist die Möweninsel, wo das Marienbad? Woher kommen die Bäume vor der Schlei bzw. hinter der Otternkuhle? War die Otternkuhle im Verhältnis tatsächlich mal so groß oder sieht man da was falsch?

    Ich glaube, das mit der künstlerischen Freiheit ist am naheliegendsten.

    Auf jeden Fall: Es ist ein schönes Bild !!!

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  4. Natürlich hast Du vollkommen recht, Jürgen – es ist wirklich ein schönes Bild – sei froh, daß Du es besitzt.
    Im Bremer Focke-Museum (dessen früherer langjähriger Leiter übrigens aus Schleswig stammte) hängen viele alte und nicht so alte Bremen-Ansichten, bei denen ich immer reizvolle Details entdecke oder auch nicht finde …
    Im übrigen zu der Herkunft: Ich habe ein Aquarell, das mein Vater in der Nachkriegszeit auch irgendwo in Schleswig erstanden hat, und das eine Westküstenlandschaft zeigt, ohne Angabe des Künstlers aber mit einem Vermerk “Herbst auf ….. 1945”.
    Heimische Motive scheinen damals durchaus in Mode gewesen zu sein.
    Schönen Gruß aus Bremen

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  5. Liebes Klassentreffen,
    Ihr müßt mal ein bischen rumgugeln, dann findet Ihr einen Maler namens Hans Rathje in Hamburg, der noch leben könnte, siehe z.B.:

    Gerd Tams: Das steht da drin

    Bis 28. Februar,
    Witthüs,
    Elbchaussee 499a
    Hirschpark
    Helle Adler
    Nach vierzig Jahren erfolgreicher Arbeit an der Volkshochschule in Othmarschen hat der 84-jährige Maler und Grafiker Hans Rathje seinen Aktkurs an Helle Adler übergeben: „Ich habe immer versucht, im Bild das Leben zu vermitteln und weiß, dass meine Arbeit durch Helle Adler auch so weitergeführt wird.“
    Helle Adler selbst freut sich auf die neue Aufgabe: „Das Positionieren mit unterschiedlichen Modellen ist einfach spannend und führt zu erstaunlichen Ergebnissen bei den Teilnehmern des Kurses.“
    Neueinsteiger werden gerne noch aufgenommen.
    Weitere Informationen:
    VHS West, Waitzstraße 31,
    Telefon 89 0 91-0
    oder 82 04 09

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  6. Hallo Jürgen,

    vielen Dank für Deine interessante Email! Es wird also in Kürze einen weiteren Link bei Google geben, wenn man den Namen “Hans Rathje” eingibt. Das “kollektive Gedächtnis” wird damit um eine Information angereichert.

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