Mehltau über der Stadt

Kürzlich erschien das Buch “Kursbuch Schleswig-Holstein” (links). Die Herausgeber dieses Buches sind im Rentenalter. Der Mit-Herausgeber Stefan Richter war bis 2015 “Mitglied der Chefredaktion der größten Zeitungsgruppe des Landes Schleswig-Holstein – der sh:z.”. Ein weiterer “Rentner” hat bei der Vorstellung dieses Buches in Kiel einen Vortrag gehalten, den die Schleswiger Nachrichen (sh:z) in Auszügen wiedergegeben haben.

Der Vortragende ist im Jahr 2015 von Berlin nach Schleswig gezogen und ist unzufrieden mit der Stadt. Das Echo bei Facebook auf den Artikel in den SN ist “gemischt”. Einerseits wird ihm geraten, doch wieder nach Berlin zu ziehen statt zu “meckern” – andererseits wird der Artikel als lesenswert empfohlen.

Dem Admin (auch “Rentner”) fehlt das “Feeling”. Er ist schon zu lange weg aus Schleswig, um eigene Eindrücke wiedergeben zu können. Gleichwohl fühlt sich das “Klassentreffen” dafür zuständig, solche Wortmeldungen auszugsweise vorzustellen. Es folgen Auszüge aus den Auszügen:

“Wir [auch die Ehefrau] waren begeistert von unserer Stippvisite von der Spree an die Schlei. Die Freiheit, wo die Zukunft dieser geschichtsträchtigsten Stadt des Nordens zu entstehen schien. In direkter Nachbarschaft zum alten St. Johanniskloster aus dem zwölften Jahrhundert und dem Holm, diesem zauberhaften kleinen Fischernest.”

“Wir leben jetzt knappe anderthalb Jahre an der Schlei, mit herrlichem Blick aufs Wasser, einem guten neuen Freundeskreis. Die Stadt aber entpuppte sich als Enttäuschung, täglich wachsende Enttäuschung.”

“Es ist die Stadt als solche, die uns enttäuscht. Aufbruchstimmung? Im Gegenteil! Schleswig scheint vor den Möglichkeiten Zukunft resigniert zu haben. Mutlos, kraftlos, innovationsresistent. Es ist, so mein Empfinden, als habe sich Mehltau auf diese einst stolze, geschichtsträchtige Stadt gelegt. Aufbruchstimmung? Mehltau statt Aufbruch! „Es heißt nicht Schleswig sondern schläfrig“, höre ich oft von Alteingesessenen. Selbstironie statt Bürgerstolz.”

“Die Freiheit ist übrigens auch nicht mehr das, was sie bei unserer Ankunft zu werden schien. Der geplante Segelhafen – von der Stadt gecancelt, ebenso wie die Therme, die eine Art Magnet für Gesundheit und Wellness an der Schrei sein sollte. Verpasste Chance, Menschen an den schönen Schlei-Fjord zu locken.

Es fehlt an Mut und Durchsetzungskraft. Die Freiheit des bei vielen Schleswigern ungeliebten neuen Stadtteils ist begrenzt. Vor manchen der schönen neuen Häusern sieht man überraschend Möbelwagen stehen – zum Auszug. Beginnt der Mehltau auch hier zu wuchern?”

“Ich weiß, dies alles mag sich anhören wie die arrogante Schmähkritik eines Zugezogenen. Mir aber liegt viel an meiner neuen Bleibe. Ich bin überzeugt vom Potenzial der Stadt. Ich weiß, dass es Ideen gibt, die Zukunft offensiv zu gestalten.”

Admin: Mit diesen Auszügen soll es genug sein. Der Artikel in den SN ist wesentlich länger.

Ach, übrigens gab es ca. 6 Wochen später ein Gespräch des Redners mit dem Bürgermeister…

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