Lehrjahre eines Versicherungskaufmannsgehilfen

Der Admin trottete von 1960 bis 1963, gleich nach der Schule, Arbeitstag für Arbeitstag, von der Angelner Straße zum Königstraße. Er lernte bei der Debeka im ZOB “Krankenversicherung”. Er erhielt im ersten Lehrjahr jeden Monat 94 Mark. Soweit er sich erinnern kann, musste er zu
Hause nichts abgeben…


Herrscher aller Reußen war natürlich der Chef – auf dem Foto links, der Mann mit der Aktentasche.
Er residierte im Büro im Zimmer Nr. 8. Seinen Namen habe ich vergessen. Sein Vorgänger,
der während meiner Lehrzeit in den Ruhestand ging, hieß Hansen

Das Herz des Büros war die Registratur (Nr. 9) unter dem Kommando von Adolf Schladale und einer rothaarigen freundlichen Kollegin (Name?). Hier kam die Post an und wurde verteilt, hier ging die Post weg, einschließlich Frankierung durch eine handgekurbelte
Frankiermaschine. Die Portokasse wurde abends abgestimmt. Am wichtigsten waren allerdings die Karteikarten (mit Einlageblättern) der Versicherten in Pulten und die eigentlichen Akten in Hängeschränken (der junge Mann in der Raummitte war ein zeitweise abgeordneter Kollege aus Koblenz, der gerne überall im Weg herum stand)…

Die crème de la crème (nach dem Chef) waren die beiden Sachbearbeiter Kliesch und Willy Ley in den Büros 2 und 3. Sie bekamen die Erstattungsanträge der Versicherten und berechneten den Erstattungsbetrag. Es ging darum, jede einzelne Arztrechnung, Krankenhausrechnung und jedes Rezept genau zu beäugen. Die Tarife waren
damals so beschaffen, dass es Vergütungen für die einzelnen ärztliche Leistungen gab mit Höchstbeträgen usw. usw. Eine fehlerträchtige “Wissenschaft” für sich. Der Chef guckte sich alle Fälle genau an und brachte so manchen Antrag zurück, bei dem nach seiner Meinung etwas falsch war. Frust! Es kam vor, dass auch mal Leistungen abgelehnt wurden. Dann wurde auf “hochmodernen” Geräten diktiert und die Briefe wurden von den Damen in Büro Nr. 4 geschrieben…

Während die “Erstatter” das schöne Geld ausgaben, mussten natürlich die Beiträge für die Einnahmeseite sorgen. Das verwalteten Fräulein Klein und Frau Wester(?) in der Beitragsabteilung (Nr. 5). Fräulein Klein war ein sehr empfindsames, nicht mehr junges Wesen aus Stettin. Frau Wester(?) dagegen lachte, dass die Wand wackelte… Damals wurde ein großer Teil der Beiträge durch Lehrerkollegen vor Ort eingezogen. Sie trugen die kassierten Beiträge in “Hebelisten” ein und schickten uns diese einmal monatlich zu. Für diese Arbeit bekamen sie Provision. Die Damen stimmten nun die kassierten und eingetragenen Beiträge mit den Überweisungen ab und hatten manchen Streit mit den Lehrern auszufechten. Denn Lehrer (für die wir in Schleswig ausschließlich zuständig waren) machen an und für sich keine Fehler… :mrgreen:

Wilma Gosch, eine sehr handfeste Frau und Frau Kruse, die weniger durchsetzungsfähig war, bearbeiteten das Neugeschäft – also neue Versicherungsverträge (Büro Nr. 6). Die Unterlagen mussten, bevor sie in die Zentrale nach Koblenz gingen, vollständig sein. Dort wurde entschieden. Der Admin ist nie nach Koblenz gekommen. Er musste allerdings einmal für vier Wochen nach Kiel, um dort in die “Werbeabteilung” hineinzuschnuppern. Dort mussten sich die “Werber” von einem Herrn Schwarz zusammenstauchen lassen, wenn die Quoten nicht stimmten!

Frau Tams aus Haddeby, mit dem Admin nicht verwandt und nicht verschwägert, hielt die Finanzen des Ladens zusammen – die Buchhaltung (Nr. 7). Sie jonglierte mit den Einnahmen und den Ausgaben, die ihr täglich zu melden waren und brachte auf geheimnisvolle Weise den ganzen Kram zum stimmen. Lernen konnte man das nicht – wie der Admin und die beiden anderen Lehrlinge einsehen mussten!

Die Lehrlinge, Horst Damm, Greve und den Admin habe ich im Plan auf die Büros 2, 3 und 6 verteilt – völlig willkürlich! Da ich nach der Lehre gleich weg ging (s. Zeugnis), habe ich keine Ahnung, wie die “Karriere” für mich ausgesehen hätte… :no:

Fast vergessen – Frau Schlünsen(?) hat das Büro sauber gemacht. Sie hatte in Raum Nr. 1 ihre Reinigungsutensilien untergebracht!



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3 Gedanken zu „Lehrjahre eines Versicherungskaufmannsgehilfen“

  1. Das Gebäude habe ich in Erinnerung! An der Querseite zur Plessenstraße wohnte der Zahnarzt, ich hoffe der Name stimmt, Zacharias. Bei seinem Sohn hatte ich Nachhilfe in Englisch. Zu einer Nachhilfestunde bretterte ich per Fahrrad durch die Schubystr. als sich mein Dynamo löste und die Vorderradgabel ´runterrutsche. Das war ein Vollbremsung ohne Überschlag, aber dennoch mit plötzlichen Verlassen des Rades. Die Stunde fand nicht statt.

    In Köln nieselt es.

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    • Stimmt Rainer, der Zahnarzt Zacharias hat mich auch mal bearbeitet. Ich habe da keine guten Erinnerungen. Der Sohn hatte mal was mit (sag’ ich jetzt nicht!)…

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  2. An den Zacharias-Sohn Berthold kann ich mich noch gut erinnern; er war wie ich in Hans-Werner Jürgensens Laienspielgruppe;
    im Winter war er entweder auf den überfrorenen Königswiesen oder auf der zugefrorenen Schlei der “Hingucker”, denn er beherrschte auf Schlittschuhen die “eingesprungene Standwaage mit halber Drehung.”

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